Bewusst? - Unbewusst? - Beeinflussbar?

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mark1968
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Bewusst? - Unbewusst? - Beeinflussbar?

Beitrag von mark1968 »

Hallo zusammen,

nachdem wir nun immer wieder in verschiedenen Beiträgen zu den Themen Schussablauf, Zielvorgang etc. gelesen haben, ob dieser nun bewusst oder unbewusst ablaufen sollte/abläuft, möchte ich hier noch mal ein paar Gedanken, Informationen aber auch Thesen zusammentragen, die sich grundsätzlich mit dem Körperteil befassen, das da zwischen den Ohren sitzt und normalerweise eine höhere Funktion hat, als nur zu verhindern, dass es uns in Hals hineinregnet. :lol:
Im Folgenden verwende ich zum Teil Bilder aus meinen PPTs zum Thema "Mentaltraining", die ich in Seminaren, Workshops und Trainingslagern verwende. Die Bewertung, welche Informationen wir hier im Forum lesen und dann als korrekt ansehen können, scheint nicht so einfach zu sein, wie es den ersten Anschein nach aussieht. Es wird gerne nach "wissenschaftlichen Studien und Untersuchungen" gefragt, die Aussagen stützen sollen. Wer sich aber einmal mit der Gehirnforschung ein wenig versucht zu beschäftigen (und das tue ich zu einem großen Teil im Zuge meiner Tätigkeit als Mentaltrainer) wird schnell feststellen, dass wir hier erst am Anfang stehen. Dass (vermeintliche) Erkenntnisse von vor 20, 30, 40Jahren auf einmal nicht mehr gelten und völlig in eine andere Richtung gehen oder eben auch mal noch mehr bestätigt werden. Heißt das, das die damaligen Erkenntnisse völlig falsch waren? Ich finde NEIN. Aber Betrachtungsweisen haben sich geändert und natürlich auch die technischen Möglichkeiten.

Daher ist es sehr wichtig, dass man seine eigene Betrachtungsweisen/-winkel immer offen hält. Man sich nicht auf einen Betrachtungspunkt festlegen sollte. Grundsätzlich basiert unsere Sichtweise ja auf unserem ganz persönlichen Wertesystem (siehe Bild):
Folie31.jpg
Wir nehmen eine Information mit den uns zur Verfügung stehenden Sinnen (hören, sehen, riechen, schmecken und fühlen) auf und dann folgt im Gehirn die "Interpretation/Bewertung" dieser Information. Diese Bewertung basiert auf unserem ureigenen Erwartungen, Erfahrungen, Prägungen, Annahmen. Ist das richtig oder falsch? Ist das schön oder hässlich? Ist das heiß oder kalt? Ist das Gras hellgrün oder dunkelgrün? Ist das Zuggewicht zu hoch oder eher passend? ;)

Gerade in unserem Sport ist es daher nicht verwunderlich, dass es so viele Varianten an Material aber eben auch Schießstilen gibt. Welche ist denn nun die richtige? Die Vorgaben/Vorschläge, die physikalisch berechnet werden können? Oder gilt hier doch die Aussage "Wer trifft, hat Recht!"?
(Ich sehe jetzt schon Köpfe rauchen und Argumente zusammensuchend, um eine Antwort darauf zu erstellen :D)

Ich denke, dass jede Betrachtungsweise ihre Daseinsberechtigung hat. Es kommt eben auf den Blickwinkel an. Bogensport zählt (neben Golf) zu den komplexesten Sportarten überhaupt. Ich kann Material und Schützen rein physikalisch betrachten:
Welcher Pfeil passt rein rechnerisch jetzt genau zu dem Bogen mit dem Zuggewicht? Dazu gibt es reichlich Informationen inzwischen. Neben den Spinewerttabellen von Easton, die seit Jahrzehnten zur Verfügung stehen, sind dort auch inzwischen Programme entwickelt worden, die eine immer genauere Auswahl der Komponenten möglich machen. Also müsste es ja total einfach sein, wenn man das tatsächliche Zuggewicht eines Bogens ermittelt hat, den entsprechenden Pfeil dazu zu fertigen und alles müsste passen, richtig? :roll: Tja, dem ist leider nicht so. Diejenigen, die fähig sind, über den Tellerrand der Physik hinaus zu blicken und sich mit den verschiedenen Betrachtungswinkeln auf unseren Sport beschäftigen wissen das auch. Solche Tabellen, Programme und Berechnungen können immer nur eine Basis sein. Sind ein Ausgangspunkt, von dem aus eine Individualisierung für den Schützen dann starten kann. Das bezieht sich sowohl auf Material als auch auf den Schießstil. Sämtliche Trainingsmethoden, die mal so entwickelt wurden (Positionsphasen-Modell nach Haidn, Schusszyklus nach Kisik Lee, KFS etc.), sind gute Systeme und funktionieren. Aber sie sind eben nur die Basis. Danach erfolgt immer das an den Schützen angepasste und individuelle Training oder eben im Material das "Fein-Tuning".
Vergessen darf man hier aber auf keinen Fall den Placeboeffekt, der immer einen großen Einfluss auf jeden Einzelnen hat.

Kommen wir aber zurück zum eigentlichen Thema:
Bewusst? - Unbewusst? - Beeinflussbar?

Was läuft beim Schießen bewusst und was unbewusst ab. Und wie weit können wir hier Abläufe dann überhaupt beeinflussen, wenn sie doch unbewusst ablaufen?
Es beginnt (oder begann) alles mit dem ersten Mal, dass wir einen Bogen in Hand genommen haben. Mal unbeachtet, ob dies nun unter Aufsicht eines guten Trainers stattfindet/stattfand oder im Selbststudium. Ob wir nun einen einen guten oder schlechten Schießstil entwickeln lassen wir auch mal ein wenig außen vor. Es geht um das, was dabei in unserem Gehirn geschieht. Die (klassische) Konditionierung und hier insbesondere die Langzeitpotenzierung (LTP-Long-term-Potentiation).
Folie52.jpg
Durch die LTP werden die Informationen in den einzelnen Nervenzellen schneller verarbeitet und gestärkt. Somit fällt es uns eben nach und nach leichter, einzelne Bewegungen auszuführen. Sie wurden "konditioniert".
Damit unser Gehirn aber nun nicht ständig jeden einzelnen Schritt bewusst abrufen und umsetzen muss, verschiebt es das ganze teilweise ins Unterbewusstsein. Wir lassen scheinbar den Dingen "ihren Lauf".
Folie50.jpg
Wie bewusst oder eben auch unbewusst laufen diese Dinge denn nun aber ab? Schaut man sich hier in unserem Forum mal um, sind dort schon viele Meinungen vertreten, die unterschiedlich argumentieren. Der eine sagt, er geht Phase für Phase des Schussablaufs durch. Ein anderer nimmt den Ablauf nur als Gesamtes wahr. Wer hat recht oder was ist richtig? Ich denke jeder hat für sich recht, wenn er für ihn selbst so passt. Also doch: "Wer trifft hat recht!"?? Je nach Betrachtungsweise stimmt das durchaus, wie ich finde.

Ich kann Bogenschießen technisch (physikalisch/ballistisch ist jetzt nicht so wirklich mein Fachgebiet :roll: ) betrachten. Aber eben auch psychologisch, neurobiologisch oder gar philosophisch. Und genau das passiert ja hier im Forum. Es treffen Menschen mit den verschiedensten Backgrounds aufeinander. Vom Einsteiger, der sich hier fachlichen Rat holen möchte, über Ballistik-Experten, Bundeskaderschützen mit Jahrzehnten an praktischer Erfahrung, Bogenschützen, die sich ausgiebig jahrelang mit ihrem Material und sich selbst beschäftigt haben, Philosophen, Psychologen, Mentaltrainern und und und. Es geht quer durch sämtliche Wissensgebiete. Das macht dieses Forum ja auch aus.
Diskussionen sind da immer die logische Folge und auch willkommen.

Ich möchte hier nun noch ein Thema aufgreifen, welches immer wieder mal auftaucht und irgendwie doch zur Verwirrung und Missverständnissen führt. Bzw. ist es im Grunde ein kleiner Part, der aber im gesamten Schussablauf eine nicht unerhebliche Rolle spielen kann. Dabei ist es sowohl für die Verfechter des unbewussten als auch die Schützen, die dann eher bewusst hier vorgehen. Ich gehe erst einmal (aus meiner Erfahrung heraus) davon aus, dass Bogenschützen, die eben schon länger den Sport betreiben, vieles in dem Schussablauf nicht mehr bewusst ausführen bzw. eine bewusste Entscheidung immer treffen. Ich vergleiche das immer gerne mit dem Autofahren. Dabei entscheiden wir uns z.B. bewusst dazu, den nächsthöheren Gang einzulegen. (Ok, ich nicht. Fahre seit Jahre Automatik :lol: ) Die Einzelschritte in ihrer Art und Weise, wie sie ausgeführt werden, laufen dann aber unbewusst ab, weil evtl. schon über Jahre hin konditioniert.
1. Kupplung treten
2. Fuss vom Gas
3. nächsten Gang einlegen
4. Kupplung kommen lassen
5. und wieder Gas geben

So laufen eben auch Teile des Schussablaufes unbewusst ab und einzelne eben auch bewusst. Das wird sehr individuell sein. Da können wir langsam zum Kern des Themas kommen:

Haben wir einen freien Willen?

Es wird hier immer gerne das Experiment von dem US-amerikanischen Physiologen Benjamin Libet angeführt. Nunja, dieses ist nicht nur inzwischen sehr umstritten (auch wenn die Grundidee dahinter immer noch verfolgt wird), sondern sie ist zum Teil heute auch widerlegt. Wichtig im Vorfeld zu dieser Frage ist, wie wir das ganze betrachten möchten. Der Determinismus sagt, dass im Grunde alle (insbesondere auch zukünftige) Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind. Nunja, es mag sicher viele geben, die dieser Meinung sind, jedoch denke ich auch, dass wir uns bei unserem Sport einig sind, dass es in Bezug auf unser Schießen eher nicht so ist. (Ok, ich mag mich da auch täuschen :roll: ) Oder besser gesagt, es lässt sich nicht auf unseren Sport anwenden.
Lassen sich diese ganzen Untersuchungen zum "freien Willen" überhaupt mit unserem Sport in Verbindung bringen? Ich bin da sehr skeptisch. Nehmen wir mal eine Aussage aus unserem Forum wo ein User sagt:
Die bewußte Korrektur der Bewegung ist immer zeitlich versetzt. ......Das Bewußtsein hinkt der tatsächlichen Bewegung immer hinterher. Das Gehirn "weiß" fast eine Sekunde vorher, was wann passiert. Das Bewußtsein steht da voll "Im Dunklen"

Diese Aussage hat nichts mit den Untersuchungen in Bezug des "freien Willens" zu tun. Auch ist es eh nicht so, dass wir wissen WAS genau WANN passiert. Geht es um das in den Experimenten erwähnte Bereitschaftspotential, so weiß unser Gehirn lediglich etwa 200-300ms (andere sprechen von bis 500ms), DASS eine Entscheidung kommen wird. Nicht aber genau welche.
Auch die häufig erwähnten 4-5Sekunden, die unser Gehirn Vorlauf haben soll, bevor eine Handlung ausgeführt wird, haben im Zusammenhang mit unserer Konditionierung nichts zu tun.

Ich habe im Folgenden (als SPOILER) mal einen Artikel über die Untersuchungen von John-Dylan Haynes eingefügt.
Haynes ist ein ist ein deutsch-britischer Hirnforscher. Er studierte von 1992 bis 1997 Psychologie und Philosophie an der Universität Bremen. Im Jahre 2003 wurde er am Institut für Biologie in Bremen zum Dr. rer. nat. promoviert. Nach Forschungsaufenthalten in Magdeburg, Plymouth (Plymouth Institute of Neuroscience, 2002–2003) und London (Institute of Cognitive Neuroscience und Wellcome Department of Imaging Neuroscience, University College London, 2002–2005) wurde er 2005 Leiter einer Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig.
Seit 2006 ist er Professor für Theorie und Analyse weiträumiger Hirnsignale am Bernstein Center for Computational Neuroscience und am Berlin Center for Advanced Neuroimaging (BCAN) der Charité und der Humboldt-Universität zu Berlin. (Quelle: Wikipedia).

(Als Spoiler deswegen, weil der Artikel bzw. die Auszüge recht umfangreich sind.)
Wie frei ist der Wille wirklich?
Manuela Zingl GB Unternehmenskommunikation
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Berliner Wissenschaftler prüfen Grundmuster von Entscheidungen
Unser Wille ist freier als bislang angenommen. In computergestützten Experimenten haben Hirnforscher der Charité – Universitätsmedizin Berlin Entscheidungsabläufe am Beispiel von Bewegungen untersucht. Die entscheidende Frage: Lassen sich Prozesse im Gehirn wieder stoppen, wenn sie einmal angestoßen sind? Die Forscher kommen zu dem Schluss: Ja, bis zu einem gewissen Punkt, dem „point of no return“. Die Ergebnisse der Studie sind im aktuellen Fachmagazin PNAS* veröffentlicht.

Hintergrund der neuen Untersuchungen: Spätestens seit den 1980er Jahren diskutieren Hirnforscher, Psychologen, Philosophen und Öffentlichkeit über die Bewusstheit und Vorbestimmtheit menschlicher Entscheidungen. Seinerzeit studierte der amerikanische Forscher Benjamin Libet Hirnprozesse von Probanden, während sie einfache freie Entscheidungen fällten. Er zeigte, dass das Gehirn Entscheidungen bereits unbewusst vorwegnahm. Noch bevor sich eine Person willentlich entschieden hatte, war ein sogenanntes „Bereitschaftspotenzial“ in ihren elektrischen Hirnwellen zu erkennen.

Wie aber kann es sein, dass das Gehirn vorab weiß, wie sich ein Proband entscheiden wird, obwohl es diesem selbst noch gar nicht bewusst ist? Die Existenz der vorbereitenden Hirnwellen galt bis dato oft als Beleg für den sogenannten „Determinismus“. Demnach ist der freie Wille eine Illusion – unsere Entscheidungen werden durch unbewusste Hirnmechanismen erzeugt und nicht durch unser „bewusstes Ich“ gesteuert. Die Forscher um Prof. Dr. John-Dylan Haynes vom Bernstein Center for Computational Neuroscience der Charité haben die Thematik gemeinsam mit Prof. Dr. Benjamin Blankertz und Matthias Schultze-Kraft von der Technischen Universität Berlin neu aufgerollt. Mit aktuellen Messtechniken sind sie der Frage nachgegangen, ob Menschen geplante Bewegungsabläufe stoppen können, nachdem das Bereitschaftspotential für eine Handlung ausgelöst worden ist.

„Unser Ziel war herauszufinden, ob mit dem Auftreten der frühen Hirnwellen eine Entscheidung automatisch und unkontrollierbar erfolgt, oder ob sich der Proband noch umentscheiden, also ein „Veto“ ausüben kann“, erklärt Prof. Haynes. Dazu haben die Wissenschaftler Probanden in ein „Hirnduell“ mit einem Computer geschickt und während des Spiels die Hirnwellen per Elektroenzephalographie abgeleitet. Ein speziell „trainierter“ Computer versuchte anhand der Hirnwellen vorherzusagen, wann sich ein Proband aufgrund von Anreizen bewegen würde und sollte den Probanden überlisten: Sobald die Hirnwellen Anzeichen dafür gaben, dass sich der Proband in Kürze bewegen würde, wurde das Spiel zugunsten des Computers manipuliert.
Wenn es Probanden möglich ist, aus der Falle der Vorhersagbarkeit ihrer eigenen Hirnprozesse zu entkommen, wäre dies ein Anzeichen dafür, dass sie über ihre Handlungen noch weit länger Kontrolle haben, als bisher angenommen. Genau das konnten die Forscher nun aufzeigen: „Die Probanden sind den frühen Hirnwellen nicht unkontrollierbar unterworfen. Sie waren dazu in der Lage, aktiv in den Ablauf der Entscheidung einzugreifen und eine Bewegung abzubrechen“, sagt Prof. Haynes. „Dies bedeutet, dass die Freiheit menschlicher Willensentscheidungen wesentlich weniger eingeschränkt ist, als bisher gedacht. Dennoch gibt es einen Punkt im zeitlichen Ablauf von Entscheidungsprozessen, ab dem eine Umkehr nicht mehr möglich ist, den ‚point of no return’.“ In weiteren Studien werden die Berliner Wissenschaftler komplexere Entscheidungsabläufe untersuchen.

*Matthias Schultze-Kraft, Daniel Birman, Marco Rusconi, Carsten Allefeld, Kai Görgen, Sven Dähne, Benjamin Blankertz and John-Dylan Haynes. Point of no return in vetoing self-initiated movements. Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA, Dec. 2015. doi/10.1073/pnas.1513569112.

Quelle: https://idw-online.de/de/news643573
Hier aus dem Artikel kann man sicher schon erkennen, dass es nicht um zuvor konditionierte Bewegungsabläufe geht. Die Bewegungen, die in den Experimenten durchgeführt werden sollten, wurden im Vorfeld ja nicht trainiert. Es gab lediglich eine Information zu dem Ablauf. Und da genau sehe ich den Grund für das Bereitschaftspotentials unseres Gehirns. Die Erfolgsquote, die nur bei ca. 50:50 (bis max. 60%) lag zeigt zusätzlich, dass es nicht wirklich eine reale Bewegungsentscheidung 1:1 im VORFELD im Gehirn gibt.

Ein weiterer Artikel dazu zeigt dann eher die Verbindung zur klassischen Konditionierung. Des sogenannten "sequentiellem Verhalten" von Bewegungsabläufen wie Fahrradfahren, Schwimmen oder eben auch Bogenschießen.
Wie bilden sich automatische Verhaltensweisen?
Dr. Julia Biederlack GB Unternehmenskommunikation
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Elektrische Schwingungen in tiefer gelegenen Hirnstrukturen regeln Handlungsabläufe

Wissenschaftler der Charité − Universitätsmedizin Berlin haben jetzt herausgefunden, welche Hirnstrukturen wiederkehrende Handlungsabläufe, wie Klavierspielen oder Fahrradfahren, steuern. Zudem konnten sie die zugrundeliegenden neuronalen Prozesse entschlüsseln. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Brain* veröffentlicht.

Ganz automatisch kann einmal gelerntes Verhalten wie Fahrradfahren oder Klavierspielen wiederholt werden. Die Fähigkeit des Menschen, eine Regelmäßigkeit in der Abfolge von Ereignissen erkennen, speichern und abrufen zu können, wird als sequentielles Verhalten bezeichnet. Dieses Verhalten besteht aus mehreren Einzelbewegungen, die in einer bestimmten zeitlichen Reihenfolge angeordnet sind und einen Anfangs- und einen Endpunkt haben.

Die Arbeitsgruppe Bewegungsstörungen von der Klinik für Neurologie am Campus Virchow-Klinikum der Charité hat am Beispiel von Parkinson-Patienten untersucht, welche neuronalen Aktivitätsmuster im Gehirn, diese wiederkehrenden Handlungsabläufe bestimmen. Nach bisherigen Forschungserkenntnissen sind Parkinson-Patienten in ihrem sequentiellen Verhalten beeinträchtigt, was sich zum Beispiel in Starthemmungen beim Laufen äußert. Verantwortlich dafür sind tiefer gelegene Kerngebiete im Gehirn, die sogenannten Basalganglien, denn sie steuern die Bewegungsabläufe.

„In unserer Studie haben wir nun erstmals untersucht, welche neuronalen Prozesse der Basalganglien beim Menschen, Einfluss auf das sequentielle Verhalten ausüben“, sagt die Erstautorin Dr. Maria Herrojo Ruiz. Dazu wurde die neuronale Aktivität bei Parkinson-Patienten gemessen, die mit einer tiefen Hirnstimulation (THS) in einem Teilbereich der Basalganglien, dem Nucleus subthalamicus, therapiert werden. Bei dieser Therapie werden Elektroden im Gehirn implantiert und über einen Stimulator elektrische Impulse in die Zielregion geleitet, womit die Parkinson-Symptome erfolgreich gelindert werden. Für die Studie sollten die Probanden kurze Musiksequenzen an einem Klavier einüben, während die elektrischen Signale aus dem Nucleus subthalamicus aufgezeichnet wurden.

So konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass die Basalganglien eine entscheidende Funktion bei der Kodierung der Anfangs- und Endpunkte von Handlungsabfolgen einnehmen. Zudem zeigten sie, welche Modulation von elektrischen Schwingungen, die als Oszillationen bezeichnet werden, dafür verantwortlich ist. Bei Patienten, die die Musiksequenzen besser spielen konnten, haben vor dem ersten und letzten Element der Sequenz, die sogenannten Beta- Oszillationen, im Frequenzbereich 13-30 Hz abgenommen. Bei Patienten, die Schwierigkeiten hatten, die Übung auszuführen, haben die Oszillationen hingegen innerhalb der Sequenz nachgelassen. Die Leiterin der Arbeitsgruppe Prof. Dr. Andrea Kühn betont: „Die Basalganglien bestimmen mit der Kodierung von Anfangs- und Endpunkten die innere Beschaffenheit der gelernten Sequenz und sind somit maßgeblich dafür verantwortlich, ob automatische Verhaltensweisen sich im Gehirn festigen. Unsere Befunde bekräftigen zudem, dass Parkinson-Patienten in ihren Bewegungsabläufen aufgrund der verstärkt auftretenden Beta-Oszillationen beeinträchtigt sind.“

* Herrojo Ruiz M, Rusconi M, Brücke C, Haynes J.-D, Schönecker T, Kühn A. A. Encoding of sequence boundaries in the subthalamic nucleus of patients with Parkinson's disease. Brain 2014 July 16. Doi: 10.1093/brain/awu191
Quelle: https://idw-online.de/de/news600726
Selbst bei den Untersuchungen von John-Dylan Haynes hat sich herausgestellt, dass wir immer noch eine Veto-Möglichkeit haben, eine Entscheidung zu beeinflussen. Bis zum "Point of no return" geht das eben.

FAZIT:

Wenn wir hier im Forum also über unseren Sport mit all seinen Aspekten (Ballistik, Materialkunde, Technik, Trainingsmethoden, Sportpsychologie und Mentaltraining) sprechen, so sollten (ich finde müssen) wir die Diskussion über den freien Willen ein wenig herauslassen. Bis heute gibt es KEINE gesicherten Nachweise, ob oder ob wir eben nicht mit einem freien Willen gesegnet sind. Alleine aus dem Grund, weil die Sichtweise auf den freien Willen aus den verschiedensten Motiven heraus betrachten werden können. Philosophie, Psychologie, Neurobiologie, Religion usw...
Es macht also in meinen Augen keinen Sinn, hier darüber zu debattieren.

Es gibt ausreichende Fakten, wie Konditionierung und Langzeitpotenzierung funktioniert und wie wir auch hier Dinge unbewusst ablaufen lassen können oder müssen oder ob wir aktiv bewusst darauf zugreifen können und sollten. Wir können und müssen bei unserem Sport immer wieder mal aktiv (z.B. bei Wind oder auch zu starkem Floating des Pins im Ziel) und bewusst in den konditionierten Schussablauf eingreifen. Und das Funktioniert auch mit entsprechendem (mental-)Training.


Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende
Gruß Markus

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